Sterben

Im späten Stadium einer Demenz sind Immunsystem und Organe stark geschwächt. Die meisten Betroffenen sterben an einer Lungenentzündung oder anderen Infektionen. Wichtig ist eine achtsame Begleitung.

Jedes Sterben verläuft einzigartig, aus medizinischer Sicht lassen sich dennoch drei charakteristische Phasen des Sterbeprozesses unterscheiden. Diese Phasen sind vor allem zu beobachten, wenn Menschen wegen einer Krankheit oder altersbedingt über längere Zeit hinweg sterben. 

Die drei Phasen des Sterbens

  • Symptome der Präterminalphase, die Wochen bis Monate vor dem Tod einsetzt, sind erhebliche Abmagerung, zunehmende Schwäche und Müdigkeit sowie Schwierigkeiten bei alltäglichen Verrichtungen. 
  • Wenige Tage bis mehrere Wochen vor dem Tod tritt die Terminalphase ein, die durch fortschreitenden körperlichen Verfall, Bettlägerigkeit und den Kontrollverlust über Blase und Darm gekennzeichnet ist. Dazu können Symptome wie Angst, Atemnot, Übelkeit und Verstopfung, aber auch Durchfälle auftreten. Der Sterbende verliert das Interesse an seiner Umgebung, Essen und Trinken werden nebensächlich. 
  • Die letzten Tage oder Stunden vor dem Tod werden als Finalphase bezeichnet. Damit einher geht das sukzessive und endgültige Versagen der Organfunktionen, das sich durch zunehmende Schläfrigkeit, Teilnahmslosigkeit und fehlendes Hungergefühl äussert. Wegen der abnehmenden Durchblutung kommt es zu Verfärbungen der Körperunterseite und zu marmorierten Beinen, der Puls wird schwächer und der Blutdruck fällt ab. Durch das Versagen der Leber- und Nierenfunktion gelangen Schadstoffe ins Gehirn, welche Wahrnehmungs- und Bewusstseinsstörungen verursachen. Mit dem endgültigen Stillstand des Herzens endet die Sauerstoffversorgung aller Organe, und wenn nach etwa zehn Minuten die Gehirnfunktionen aussetzen, ist der Hirntod eingetreten. Wenn anschliessend alle Vitalfunktionen wie Reflexe oder Stoffwechselprozesse zum Stillstand kommen, spricht die Medizin vom «biologischen Tod». 
Quelle SWR/YouTube

Was im Körper von Sterbenden genau geschieht, ist von der Forschung noch nicht eindeutig geklärt. Man vermutet jedoch, dass es im Organismus ein biologisches Programm für das Sterben gibt, bei dem unter anderem Botenstoffe wie körpereigene Opiate ausgeschüttet werden.

Sterben früher und heute

Wegen der geringen Lebenserwartung, der hohen Kindersterblichkeit und der Unheilbarkeit vieler Krankheiten gehörte das Sterben über viele Jahrhunderte hinweg zu den alltäglichen Erfahrungen. In nahezu allen Kulturkreisen war Sterben ein öffentliches und gesellschaftliches Ereignis, das im Haus des Sterbenden von der Familie, von Freunden, Nachbarn und Bekannten mit feierlichen Zeremonien begleitet wurde. 

Die zumeist tiefgläubigen Menschen betrachteten das Leben ohnehin nur als eine kurze diesseitige Existenz, auf die das ewige Leben im Jenseits folgte. Wichtig für sie war die Vorbereitung des Sterbenden für diesen Übertritt durch Gebete, Segnungen, Salbungen und andere Rituale. Deshalb fürchteten die Menschen den plötzlichen Tod, der ihnen diese Gnadenmittel vorenthielt. 

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Im Gegensatz dazu wünschen sich in der säkularisierten Gesellschaft von heute viele Menschen, schnell und ohne Leiden zu sterben. Allerdings ist den meisten auch bewusst, dass sie wegen ihrer hohen Lebenserwartung eher ein langsames Sterben bewältigen werden müssen, das mit chronischen Krankheiten und allmählichem körperlichen Verfall einher geht. 

Eng damit verbunden ist die Idealvorstellung von Sterben als ein planbarer Prozess, der sich individuell und selbstbestimmt gestalten lässt und keinesfalls durch sinnlose medizinische Massnahmen hinausgezögert werden soll.

Hospizangebote, Patientenverfügung und Palliativversorgung, bei der die Beschwerden einer Krankheit schmerzlindernd behandelt werden, aber nicht mehr die Ursache, haben viel dazu beigetragen, dass Sterbende heute immer öfter gemäss ihrem Willen begleitet werden können. Auch die lange Zeit übliche Institutionalisierung und Tabuisierung des Sterbens wird dadurch abgebaut. 

➔ Hier geht es zu einem Kurzfilm, der die Unterschiede zwischen dem Umgang mit Sterben früher und heute veranschaulicht.

Sterben mit Demenz

Grundsätzlich lässt sich davon ausgehen, das Sterbende mit Demenz ähnliche Bedürfnisse, Nöte oder Wünsche haben als alle anderen. Allerdings können sie diese wegen ihrer kognitiven Einschränkungen oft kaum mehr aussprechen. Ihre emotionale Erlebnis- und Aufnahmefähigkeit bleibt indes bis zum Tod erhalten. 

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Deshalb ist bei der Sterbebegleitung von Menschen mit Demenz hohe Achtsamkeit geboten, um Emotionen wie Angst, Trauer, Wut oder Freude zu erkennen und darauf einzugehen. Auch für das Erkennen von Schmerzen ist eine sorgfältige Beobachtung der Mimik, Gestik und des Verhaltens nötig. Starke Beschwerden wie zum Beispiel Rasselatmung oder starke Schmerzen können mit Medikamenten gelindert werden. Demenzkranke Sterbende sind auf Betreuer angewiesen, die sie auch ohne Sprache verstehen und mit ihnen auf emotionaler Ebene kommunizieren können. 

Wie ein Mensch mit Demenz sein Sterben tatsächlich wahrnimmt, ist schwer zu beurteilen. Das Gefühlsleben eines Demenzkranken ist jedoch sehr präsent. Im Sinne einer würdevollen Sterbebegleitung ist es für Angehörige und Pflegende deshalb wichtig, Ruhe zu bewahren und bereit zu sein, den Sterbenden loszulassen.

Im Endstadium der Krankheit kommt es oft zu Schluckstörungen. Weil im späten Stadium einer Demenz auch Immunsystem und Organe geschwächt sind, sterben viele Menschen mit Demenz schliesslich an einer Lungenentzündung oder anderen Infektionen.

> Hier geht es zum Interview mit einem Palliativ-Experten Andreas Weber 

> Hier gibt es Informationen zum Umgang mit demenzkranken Sterbenden

> Hier geht es zu einem Dossier zum Sterben von Demenzkranken und zur Zeit danach

> »Umsorgt sterben – Menschen mit Demenz in ihrer letzten Lebensphase begleiten«, Ida Lamp, Kohlhammer, 2009

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